Martina Kögl mag keine halben Sachen. Dass „regional & fair“ nun mit konkreten Richtlinien unterfüttert ist, gefällt ihr deshalb sehr gut. Und dass Regionalität und Fairness zu Bio dazu gehören, ist für sie ohnehin seit Langem klar. „Ich bin in den 70er-Jahren über die Dritte-Welt-Politik, wie sie damals genannt wurde, zu Bio gekommen. Die Diskussionen drehten sich um den Missstand, Lebensmittel aus Entwicklungsländern als Futter für unsere Schweine abzuziehen“, erinnert sie sich. Aus solchen Ernährungsfragen ergab sich die Präferenz von Bio, das sie auch als „angewandten Umweltschutz“ bezeichnet.
Die Ökokiste Kößnach bezieht aus einem Radius von rund 160 Kilometern Produkte von Direktvermarktenden, wenn möglich mit Anbauverbandslabel, und ergänzt diese mithilfe des Bio-Großhandels zu einem biologischen Vollsortiment – importierte Produkte vorzüglich mit Fairtrade-Standard und Anbauverbandslabel, Flugware ist ausgeschlossen. Auf Bestellung wird dieses an einen Kundenkreis, der sich grob im Dreieck zwischen Regensburg, Passau und Landshut befindet, geliefert – zweieinhalb Kilometer Strecke werden dafür pro Haushalt zurückgelegt, in Regensburg sogar per Lastenfahrrad. „Um für den Einkauf einen so kurzen Weg zu haben, dürfte der nächste Bio-Laden also nur 1,25 Kilometer entfernt sein“, erklärt Martina Kögl.
Dieses Konzept klingt sofort so stimmig, dass weitere Fragen fast unnötig erscheinen. Doch Martina Kögl selbst wollte noch genauer wissen, wo ihre Ökokiste hinsichtlich Regionalität, Fairness und ̶ zusammengefasst ̶ hinsichtlich des Gemeinwohls steht. Daher erarbeitet sie derzeit in einer Peer-Group mit weiteren Ökokisten-Kolleg:innen ihre erste Gemeinwohlbilanz. Anders als bei der Finanzbilanz, bei der Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden und den Gewinn ergeben, bildet die hierfür verwendete Matrix der Gemeinwohlökonomie ab, wie sich das Wirtschaften eines Unternehmens auf das Gemeinwohl auswirkt.
„Ich bin in den 70er-Jahren über die 'Dritte-Welt-Politik' zu Bio gekommen."
„Die Fragen gehen sehr in die Tiefe, so dass auch wir vieles hinterfragen müssen“, erklärt Martina Kögl. Werden unsere Trauben aus Italien mafiafrei produziert? Wird unser Spargel von fair behandelten Saisonkräften geerntet? Viel Recherche- und Papieraufwand sei nötig, um am Ende größtmögliche Transparenz zu erreichen. „Aber ich will das alles für mich wissen und die Ergebnisse dann nach außen präsentieren“, sagt Martina Kögl. Es sei wichtig, für ihre Kundschaft auch Informationsdienstleisterin zu sein.
Im eigenen Betrieb bezahlt sie die 50 Mitarbeiter:innen seit Jahren über dem gesetzlichen Mindestlohn. Sie erhalten Ausschüttungen vom Gewinn, Rabatte beim Einkauf und auf Wunsch eine betriebliche Altersvorsorge. Ideen aus dem Team werden berücksichtigt, man achtet darauf, dass niemand zu viele Überstunden macht, und sich Vorgesetzte aus dem Mitarbeiterstamm herauskristallisieren.
Mit dem neuen „regional & fair“ will Martina Kögl nun auch wieder vermehrt werben. „Toll, dass der Biokreis das auf den Weg gebracht hat!“ Allerdings sollten die Richtlinien hierfür dynamisch bleiben, denn Verbesserung sei, wie sie selbst gerade mit der Gemeinwohlbilanzierung erfährt, immer möglich.
Ökologisch, regional, nachhaltig.
Ökokiste-Kößnach-Chefin Martina Kögl.
Bild: Ökokiste Kößnach