Wir stapfen über die Gemüsefelder von Tristan Billmann in Emskirchen, Mittelfranken. Auf gut einem halben Hektar wachsen hier Wirsing, Kohlrabi und andere Kohlsorten, Mohrrüben und Salate. Manche Pflanzen sind bereits erntereif, in anderen Reihen schieben sich gerade die jungen Keimblätter aus der Erde – eine bunte Vielfalt zu unseren Füßen. „Heuer habe ich alle möglichen Arten Querbeet angebaut, einfach um zu schauen, was funktioniert und was nicht“, erklärt der junge Landwirt. „Was wollen die Kunden, was ist nachgefragt? Da fehlt mir noch die Erfahrung.“
Dass ihm die Erfahrung fehlt, ist kein Wunder: Tristan Billmann ist 24 Jahre alt und hat im vergangenen Jahr sein duales Landwirtschaftsstudium in Triesdorf abgeschlossen. Erst seit kurzem ist er Betriebsleiter am elterlichen Hof. Eine Position, die viel Verantwortung mit sich bringt, aber ihm auch viele Möglichkeiten eröffnet. „Ich kann jetzt machen, wie ich will. Das gefällt mir. Aber es hängt schon Vieles dran, zum Beispiel die Betriebsplanung mit allen notwendigen Investitionen,“ berichtet er.
Mehrfachantrag, Anbauplanung, Saatgutbestellung – all diese Dinge gehen ihm leicht von der Hand, weil er schon vorher vieles am Hof erledigt hat. Aber den Betrieb so fit für die Zukunft zu machen, dass er gut dasteht und langfristig gute Erträge abwirft, das ist nochmal eine andere Aufgabe. Doch dieser Aufgabe stellt sich Tristan mit viel Zuversicht und Selbstvertrauen, denn er hat eine klare Vorstellung davon, wie der Hof in einigen Jahren aussehen soll.
„Mir fehlt die Freizeit nicht. Landwirtschaft ist meine Freizeit“
Knapp 22 Hektar Grund, größtenteils Eigenland, stehen Tristan Billmann für seine Pläne zur Verfügung. Ackerland und Grünland auf klein strukturierten Flächen, dazu eine Streuobstwiese, fordern und fördern den Erfindungsreichtum des Landwirts, der schon früh damit begann, neue Impulse in die elterliche Landwirtschaft einzubringen. Die Umstellung auf Ökolandbau war zum Beispiel seine Idee, auch wenn der Hof schon vorher eher extensiv wirtschaftete.
Vor zehn Jahren begann Tristan mit dem Anbau von Kartoffeln, da ging er noch in die Schule. Am Acker war eine Ecke frei und er wollte etwas Neues ausprobieren. „Das wurde dann Stück für Stück immer mehr,“ erzählt er. Mittlerweile bestellt er gut einen Hektar Fläche mit verschiedenen Kartoffelsorten, dazu kommt die Gemüsefläche. Verkauft wird das Erntegut in einem Verkaufsstand mit Selbstbedienung am Hof und seit kurzem auch auf dem nahen Markt in Erlangen.
Was früher ganz nebenbei lief, ist inzwischen zu einer kleinen Direktvermarktung in der Region gewachsen. Hier, in der regionalen Direktvermarktung, sieht Tristan auch die Zukunft des Hofs, darum möchte er sie mit eigenem Hofladen und Hof-Café ausbauen. Raum dafür bietet das alte Hofhaus, in dem früher die Urgroßeltern lebten und das aktuell ungenutzt bleibt. Jetzt will Tristan Billmann die Räume im ersten Stock zu seiner Wohnung ausbauen, unten sollen Hofladen und Hof-Café entstehen. Der Hof mit seinen alten Pflastersteinen böte zudem Platz für einen kleinen Biergarten. „Das sind so meine Ideen“, lächelt Tristan.
„Lust habe ich auf so Vieles, aber der Tag hat nur 24 Stunden“
An Ideen mangelt es ihm wahrlich nicht. Das alte Stallgebäude zum Beispiel, in dem bis vor einigen Jahren noch Milchvieh stand, könnte später für Heizung und Gemüselager genutzt werden. Und auf der Streuobstwiese und den Grünlandflächen würde sich ein Mobilstall für die die Hühnerhaltung anbieten. Die Nachfrage nach Bio-Eiern wäre da, schon öfter wurde er darauf angesprochen. Überhaupt, die Streuobstwiese: Die Früchte ließen sich zu einem lokalen Obstbrand verarbeiten…
Auch einen Folientunnel für Gemüse möchte er aufstellen, und zwar möglichst bald, aber „da braucht es mal einen Regentag, um sich reinzudenken und zu planen.“ Denn die Planung und Vorbereitung der Projekte kostet Zeit. Und Zeit ist bei Tristan ein knappes Gut, denn momentan arbeitet er noch in Vollzeit als Laboringenieur an der Fachhochschule Triesdorf zum Thema Zwischenfruchtanbau. Die Landwirtschaft ist – noch – ein Nebenerwerb.
Weil er aber durch die Arbeit finanziell unabhängig ist, hat Tristan Freiraum für Experimente. Er will ausprobieren, was alles möglich ist in der Landwirtschaft. Deshalb stehen in diesem Jahr erstmals Lein und Senf auf seinen Äckern. Auch Hanf baut er der umtriebige Landwirt an. Die Früchte verkauft er für die Ölproduktion oder als Hanfnüsse direkt am Hof.
Im Gemüseanbau probiert sich Tristan in der Verwendung von Transfermulch aus. Dafür wird Grünschnitt von der Luzerne in den Kulturen ausgebracht. Das deckt den Boden und mindert die Verdunstung und den Beikrautdruck. Außerdem hat der Grünschnitt einen Dünge-Effekt und bringt Nährstoffe in den Boden. Er hilft, mit minimaler Bewässerung auszukommen und ist Tristans Hoffnung für eine Zukunft, in der der Klimawandel eine immer größere Rolle spielen wird. Denn Gemüse mit großen Wassermengen aufzuziehen, das sei einfach nicht sein Ding. Nur an der optimalen Ausbringung des Mulchs tüftelt Tristan aktuell noch.
„Wahrscheinlich werde ich nie fertig mit allen meinen Ideen“
Ausprobieren, Neues entdecken, ideenreiche Angebote machen – bald will Tristan seine gesamte Kraft in den Hof stecken und nur noch in der landwirtschaftlichen Praxis arbeiten. Sein Ziel ist es, nächstes Jahr mit dem Umbau der Hofstelle zu beginnen, um den Vorderhof in zwei bis drei Jahren neu zu gestalten. In Hofladen und Hof-Café würden dann nicht nur die eigenen Produkte angeboten, sondern auch ein enger Kontakt zur Verbraucherschaft gepflegt.
Denn auch für die Öffentlichkeitsarbeit hat Tristan viele Pläne. „Mir gefällt es, den Menschen zu erklären, was die Landwirtschaft eigentlich macht. Die Verbraucher sollen verstehen, was hier passiert.“ Deshalb möchte er Hofführungen anbieten, möchte Angebote für regionale Kindergärten und Grundschulen entwickeln. Auch das Konzept SoLaWi interessiert ihn, die Möglichkeiten dafür möchte er in jedem Fall ausloten.
An der Einfahrt zum Hof der Familie Billmann ist mit Kreide ein Spruch aufgeschrieben: „Dem Mutigen gehört die Welt“. Wenn nicht Tristan Billmann dieser Mutige ist, wer sollte es dann sein?